Franz Schubert – The Piano Sonatas Vol. 1

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  • Artist: Florian Krumpöck
  • Release: 13. Juni 2019
  • Catalog No: Q-1902-2

Die Klaviersonate als Symphonie des Innersten

Gedanken über Franz Schubert

Franz Schubert zeigt mit seiner Lebensgeschichte und seinem Schaffen, gerade auch im pianistischen Repertoire, immer wieder, dass er vielleicht noch an der Schwelle zwischen Klassik und Romantik steht, in seinem Denken und seinen Kompositionen dabei seiner Zeit aber ein gutes Stück voraus zu sein scheint.

Mit seiner stets spürbaren Todessehnsucht, die sich besonders poetisch in der „Winterreise“ oder der „Schönen Müllerin“ niederschlägt, aber immerzu und stets in seinem ganzen kompositorischen Schaffen präsent bleibt, ist Schubert für mich aber eindeutig als früher Romantiker denn als später Klassiker zu betrachten und zu interpretieren.

Auch wenn die Sonate Beethovens für alle Nachfolger Inspiration und Referenz sein muss und Schubert Beethoven verehrt hat, lassen sich Schuberts Sonaten nur gerecht betrachten, wenn sie völlig losgelöst von jenen Beethovens gewertet werden.

Schubert ließ sich (selbstverständlich ohne die Vorahnung über die geringe Lebenszeit, die ihm zur Verfügung stehen sollte) Zeit mit seiner ersten Sonate und unternahm mehrere Versuche, nachdem er bereits drei Symphonien geschrieben hatte. Er wählte jedoch einen anderen Weg als Beethoven.

Beethoven war im Gegensatz zu Schubert ein virtuoser Pianist

Die Sonaten Schuberts leben von ihrer Ausbreitung, ihrer Ausweitung, von ihrem Drang, sich immer weiter fortzuspinnen und stehen damit im Kontrast zur Sonate Beethovens, die von ihren Unterschieden und der Zuspitzung der Gegenüberstellung der beiden Themen lebt.

Stets spürbar ist in vielen Sätzen von Schuberts Klaviersonaten ein psychologischer Drang zur Entschleunigung, ein Aspekt, der leider in vielen Lesarten aufgrund einer historisch informierten Interpretation der italienischen Tempobezeichnungen meiner Meinung nach häufig vernachlässigt wird, mir aber gerade vor dem Hintergrund der romantischen Betrachtung, der Introvertiertheit, ja der oft depressiven Undurchdringlichkeit seiner Werke sehr wichtig ist. Im Zusammenspiel mit Schuberts (und meiner) Heimatstadt Wien, die mich immer wieder mit dem Gefühl einer dem großstädtischen Flair entgegenstehenden Langsamkeit überrascht, erachte ich gerade diesen Aspekt (stets das aus der gleichen regionalen Keimzelle entsprungene originale „Wienerlied“ vor Augen) in meiner Gesamtaufnahme aller vollendeten Klaviersonaten dieses Komponisten als essentiell. So regional (und persönlich) diese Auffassung auch sein mag, so international ist die Sprache, die Schubert findet, um, wie kein anderer Komponist davor und danach, auch im scheinbar Fröhlichen tiefste Traurigkeit musikalisch auszudrücken.

Die Sonaten D537 und D960

Mit der vorliegenden ersten Veröffentlichung möchte ich dabei das Zyklische, das Schuberts Sonaten innewohnt, verdeutlichen und habe mich daher entschieden, mit der ersten gänzlich vollendeten Sonate in a-moll Opus 164 (D 537) und der letzten, wenige Monate vor seinem Tod beendete B-Dur-Sonate (D 960) einen Bogen über den ganzen Sonaten-Kosmos zu spannen.

Diese Sonaten stellen durchaus Anfang und Ende seines Schaffens dar und sind auch in ihrer Sprache teilweise recht verschieden – dennoch wird in beiden unwiderruflich Schuberts Handschrift erkennbar.

Auch wenn er zunächst einige Versuche unternahm, diese nicht beendete und sie wieder verwarf, ist der ersten vollendeten Sonate Schuberts Neuheit in dieser Gattung noch anzumerken. Sie bleibt klassisch in ihrer dreisätzigen Form und wagt dabei auch thematisch teilweise vielleicht noch nicht so viel wie spätere Werke, auch wenn die einzelnen Themen charakteristisch sind und der Mittelsatz durch seine Kantabilität hervorsticht. Vor allem durch das bereits den Duktus der späten Sonaten vorwegnehmende Innehalten in den geradezu schockierenden Generalpausen im letzten Satz sowie die abrupten Wechsel zwischen orchestralen Ausbrüchen und liedhaften Elementen in beiden Ecksätzen erhält sie ihre Bedeutung als meisterhaftes Jugend-, ja sogar Erstlingswerk.

Seine letzte Sonate, B-Dur, D 960, nach dem Tode Beethovens geschrieben und womöglich deshalb von einer eigenwilligen Selbstständigkeit durchzogen, knüpft scheinbar an die Lyrik des zweiten Satzes seiner ersten Sonate an.

Diese letzte Sonate entbehrt zumeist jeglicher Kontrastik und bietet vielmehr die Form für lange, träumerisch-schwebende, manchmal sogar scheinbar entrückt-fröhlich scheinende Melodien, unterbrochen nur hier und da von unheilvoll mahnenden Bruchstücken. Aber sind es nicht genau diese wenigen Bruchstücke, die eine eventuelle Todesahnung inmitten einer poetischen Abgeklärtheit viel schmerzvoller verdeutlichen, als jede vordergründige Tragik? Hier verbindet sich immer wieder auf unvergleichliche Art all das, was den Komponisten Franz Schubert für mich ausmacht: seine Ernsthaftigkeit, die bis zu einer intensiven Beschäftigung mit dem (wohl auch eigenen) Tod reicht, seine Liebe zur Hausmusik und zugleich zur nie wirklich gefundenen instrumentalen Virtuosität, der Sänger in ihm, der stets von der Melodie aus denkt und dabei trotzdem auch harmonisch zu neuen Ufern aufbricht und damit unnachahmlich zwischen der Zeit der Klassik und der Romantik schwebt – und damit so zeitlos ist wie kein anderer.

Das Instrument – Bösendorfer 290-214 / 50019

Der wundervolle Bösendorfer Concert Grand 290 Imperial mit der Serien-Nr. 290-214 / 50019 ist seit 2018 mein treuer Begleiter bei den meisten Konzerten und CD-Einspielungen. Der sehr persönliche, weiche und nahezu endlos tragende Klang dieses Bösendorfer-Imperials lässt die hervorgebrachten Töne geradezu gesanglich aufblühen und anschwellen. Auf keinem anderen mir bekannten Instrument ist das Modellieren einer dem Gesang nachempfundenen Phrase folglich so einfach und selbstverständlich. Die bloße musikalische Empfindung überträgt sich wie durch ein Wunder direkt auf den Flügel.

Florian Krumpöck, im März 2019

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Florian Krumpöck, Klavier

Geboren 1978 als Sohn eines Cellisten und einer Kunsthistorikerin, erlernte Krumpöck die Kunst des Klavierspielens bei namhaften Pianisten wie Rudolf Buchbinder, Gerhard Oppitz, Elisabeth Leonskaja und Daniel Barenboim.
2011 wurde er als einer der jüngsten Generalmusikdirektoren für Konzert und Oper an das Volkstheater Rostock und zum Chefdirigenten der Norddeutschen Philharmonie berufen, 2012 erfolgte die Ernennung zum Chefdirigenten des Sinfonieorchesters Liechtenstein.

Seit Sommer 2015 ist Florian Krumpöck Intendant des Kultur.Sommer.Semmering.
Bekannt ist der Musiker für seine Solo-Rezitals bei internationalen Festivals wie zum Beispiel in Salzburg, Bregenz, Bad Kissingen oder beim Bachfest in Leipzig sowie die regelmäßige Aufführung kompletter pianistischer Werkzyklen wie der 32 Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven oder der vollendeten Klaviersonaten Franz Schuberts.
Als Gastdirigent musizierte Krumpöck unter anderem mit den Wiener Symphonikern, dem Philadelphia
Orchestra, dem Jerusalem Symphony Orchestra, dem Gulbenkian Orchestra Lissabon oder der Königlichen
Kapelle Kopenhagen.

Seit der Saison 2018/19 verbindet Florian Krumpöck eine regelmäßige Zusammenarbeit mit dem Théâtre du Capitole in Toulouse, wo er unter anderem 2020 die Neu-Einstudierung der Jenůfa mit Angela Denoke leiten wird.
Weitere zukünftige Engagements beinhalten beispielsweise die Neueinstudierung des Freischütz in der Regie von Matthias Hartmann am Teatro Colón in Buenos Aires sowie den Lohengrin in einer Regie von Katharina Wagner am Prager Nationaltheater.

Seit 2018 ist Florian Krumpöck Bösendorfer-Artist. Zu diesem Anlass wurde ihm von der Firma Bösendorfer ein speziell für ihn eingestellter Imperial-Flügel auf Lebzeiten zur Verfügung gestellt, auf welchem er auch die meisten seiner Aufnahmen sowie Konzerte spielt.

März 2019
www.floriankrumpoeck.com

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